Einleitung von David Göttler:
Enttäuschung und Fortschritt, beides haben wir nun hier bei uns.
Ein komisches Gefühl und sicherlich ein Moment unserer Expedition, der Vieles verändern wird.
Wir waren am 08. Mai gestartet zu Lager 2. Am kommenden Tag wollten wir alle hoch auf den Makalu La um noch mal Höhe zu tanken.
Unser Super – Meteorologe Karl Gabl hatte uns für den 9.Mai den Tag mit dem wenigsten Wind prognostiziert.
Doch es kam ein wenig anders. Bis zur Ankunft in Lager 2 ging alles nach Plan.
Dort angekommen machten wir uns ans Schneeschmelzen, trinken und ausruhen. Allen ging es prächtig, nur Steph klagte plötzlich über immer stärkere Kopfschmerzen.
Steph erinnert sich:
„Nachdem ich nun bei jeder Akklimatisationsphase über 6400m in den Ruhephasen ( sprich Nachts) einseitige, starke Kopfschmerzen
hatte die ich nur mit einer guten Menge starkem Schmerzmittel in den Griff bekommen hatte, hoffte ich dieses mal Beschwerde frei zu sein.
Insbesondere weil wir das letzte mal rund 150 Höhenmeter höher auf ca. 6900m übernachtet hatten.
Im Lager 2 angekommen fühlte ich mich blendend und in guter Form. Gemeinsam mit David schaufelten wir einen Platz für ein zweites Zelt.
Als alle angekommen waren legten wir uns ins Zelt und begannen zu kochen. Es war erst zwei Uhr Nachmittags.
Eine halbe Stunde später begann wieder der Schmerz – an der Stelle wo ich vor wenigen Jahren eine Schädelbruch erlitten hatte.
Ich versuchte es zu ignorieren und keine Schmerzmittel zu nehmen, denn es war klar, wenn ich jetzt mit Medikamenten beginne,
dann ist ein morgiger Anstieg auf den Makalu-La „gestorben“. Der Schmerz wurde immer heftiger. Diese eine Kopfseite wurde auch
unnatürlich heiss und das Auge reagierte nicht mehr normal.
David zeigte sich sehr fürsorglich und kochte mir ein Suppe. Es war mir mehr zum brechen als zum essen. Es ging nicht mehr anders
als nun doch zu den Medikamenten zu greifen. Für mich brach eine kleine Welt zusammen. Ich war mir bewusst, was das wohl bedeutete.
Michi kam nun auch in unser Zelt. Er schaute mich an. Für Michi wie auch für David war relativ schnell klar, dass ich so schnell wie möglich in
tiefere Lage absteigen muss. Mir war es auch klar- wollt es aber natürlich nicht wahr haben.
David, Michi und Daniel halfen mir mein Material zu packen und David begleitete mich schliesslich runter ins Lager1.
Von dort stieg ich alleine weiter ab ins „Normale Basislager“ wo mich unser Sirdar, Karma empfing. Von dort ging es im Dunkeln eine weitere
Stunde zurück in unser Basislager. Leichte Kopfschmerzen hatte ich noch die ganze Nacht, doch es ging mir deutlich besser. Die doppelte Ration
starker Medikamente und der Höhenverlust zeigten Wirkung.“
Und weiter geht’s mit David’s Bericht:
So verbrachte ich also alleine die Nacht in unserem Zelt. Komisch war es so viel leeren Platz zu haben und ohne Steph war es auch merklich
kälter in unserem Zelt.
Wir hatten keine Eile am Morgen und mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen packten wir alles zusammen und machten und auf den
Weg zum Makalu La hoch. Wie so oft an den hohen Bergen mussten wir auch hier wieder einsehen, daß was kurz ausschaut oft brutal lang ist!
Von Lager 2 hoch zum Pass schaut es nämlich wie “ na da gehen wir doch mal schnell hoch“ aus….denkste! Gerade das Ende hat sich dann gezogen.
Immer denkt man: OK, da wird es jetzt flach und man hat es geschafft. Und immer wieder erkennt man, noch mal 60m bis zur nächsten Kante.
Aber irgendwann war es dann die letzte Kante und man war oben. Der Makalu La ist eine Art Hochplateau, wo noch mal ein eigenständiger Berg anfängt!
Eine Ebene aus Eis und hartem Schnee, durchsetzt von Felseninseln. Hier bauten wir unsere beiden Zelte auf. Der Wind war erträglich, leichter
Schneefall setzte ein und die Sicht war bei nahezu null.
Erst am Abend klarte es auf und wir konnten erkennen, wo wir waren. Was für eine Aussicht. Kangchenzönga und Jannu im Abendlicht, auf der anderen
Seite Lhoste und Everest zum Greifen nah. Daneben die ganzen Gipfel des Kumbu Gebiets und auf der anderen Seite die Weite Tibets.
Und so beeindruckend dieser Ausblick war, schnell kamen wir mit der nächsten Windböe wieder in der Realität an! Die ganze Nacht zerrte der Wind
an den Zelten und noch mehr an unseren Nerven.
Jede Böe presste feinsten Schnee in die Zelte, jede Böe löste den Reif von der Zelt Innenwand, welcher dann auf´s Gesicht fiel.
Der Versuch, sich mit vollständiger Vermummung dagegen zu wehren verlief nur teilweise erfolgreich. Denn der Drang nach halbwegs frischer Luft zum Atmen
vereitelte eine dauerhafte Vermummung.
Und so überstanden wir also hier oben mehr oder weniger eine Nacht erfolgreich.
Um 5 Uhr morgens erlösten uns die ersten Sonnenstrahlen und nach einem lustlosen Frühstück packten wir zusammen. Wie gut, daß es runter dann immer doch so viel schneller geht wie hoch!
Und das Beste: jetzt waren wir mit unserer Akklimatisation so weit fertig, daß wir nun bei gutem Wetter zu einem Versuch starten können.
Die Qualität und die Länge des Wetterfensters wird dann wohl bestimmen, ob wir den Pfeiler angehen oder mit dem Normalweg vorlieb nehmen werden.
Für den Pfeiler brauchen wir wirklich gutes Wetter und das mindestens 5 Tage lang, ansonsten wäre es in unserem minimalistischem Stil aussichtslos. Wir werden sehen…
Zum Mittagessen waren wir alle wieder im Basislager. Wir genossen das gute Essen, auch wenn es nicht Klausi´s Schnipo war!
Steph ging es wieder bestens und trotzdem hat er eine entscheidende Konsequenz aus dem Erlebtem gezogen:
„Nach diesem Vorfall, war für alle klar, dass ich so ohne weitere Abklärungen nicht mehr in die Höhe steigen sollte. Schon gar nicht einen Versuch am Westpfeiler wagen darf.
Hätte ich am Pfeiler wieder das gleiche Problem, würde das nicht nur mich sondern auch meine Freunde in Gefahr bringen, weil ein Rückzug sich sehr schwierig gestalten würde.
Der Westgrat- das ist die Linie die mich an dem Berg interessierte und faszinierte.
Ein schöner Berg, eine tolle Linie. Das ist was für mich zählt – weder Höhe noch Namen.
Die technisch leichtere und mit Fixseilen versicherte Normalroute interessiert mich weniger. Vielmehr war ich erstaunt und enttäuscht zu sehen wie das auf den
Normalrouten der 8000er zu und her geht. Die Bergsteiger sind meistens die Sherpas – viele andere oft nur zahlende, technisch schwache Klienten.
Da ich seit dem Unfall mit dem Schädelbruch nur für Stunden in diesen Höhen war (Gipfelhöhen) und dann gleich wieder abstieg, war mir das Problem so nicht bekannt.
Nun ist die Expedition für mich gelaufen. Es war aber gleichwohl eine super Zeit mit den vier Kollegen. Wir haben viel gelacht, haben als Team sehr gut funktioniert und
Menschlich uns bestens verstanden. Es hätte alles gepasst…
Nun wünsche ich den Vier von Herzen viel Erfolg an dem Westpfeiler, bedanke mich herzlich für die tollen gemeinsamen 5 Wochen und vor allem bleibt gesund!“
Drückt uns die Daumen und ich wünsche allen eine gute Zeit!
Ganz herzlichen Gruß aus dem Makalu Basislager,
David, Steph und Team