Ich weiß nicht, wo anfangen…so viel ist passiert die letzten Tage. So viele Momente, Situationen, Eindrücke fliegen wild durch meinen Kopf.
Noch ganz präsent ist der Abstieg. Keine Fixseile, niemand anderes am Berg, was heißt, alles sichernd zurück. Meter für Meter alles wieder rückwärts abklettern oder abseilen. Immer konzentriert bleiben, keinen Fehler machen. Mühsam, sehr mühsam, aber lieber ein wenig langsamer als einmal zu schnell!
Was im Moment hier und im jetzt, angekommen im Basislager, stetig ist, daß Dauergrinsen und die Euphorie in mir, in meinem Gesicht. Was es immer ausmacht, dort ganz oben gestanden zu haben, für einen unglaublich kurzen Moment, gemessen an der ganzen Zeit! Dort oben, am Nuptse Gipfel zusammen mit Gerlinde, bei absolut super Wetter, warm, kein Wind, auf diesem winzigen Punkt, ein Ausblick gefühlt über die ganze Welt! Ein Moment der alle Anstrengung vergessen läßt!
Und die Anstrengung war diesmal groß. Irgendwie fühlten meine Beine sich so schwer an, so mühsam war jeder Schritt nach oben, ich sagte mir Mantra mäßig immer wieder: bitte laß mich noch die Kraft haben! Wie froh war ich jedes mal, wenn Gerlinde wieder am spuren war. Obwohl es ja dieses Jahr viel Blankeis hat, mussten wir nach dem unteren Drittel durchgängig spuren. Gerlinde ist hier unersetzlich, generell muss ich an dieser Stelle sagen, es ist so einfach, entspannt und perfekt mit ihr unterwegs zu sein. Ohne viel Worte wechseln wir uns ab im Spuren oder im Vorstieg, eine Zeltplattform auszugraben oder schnell bei Schneetreiben und Wind das Zelt aufzustellen und ruck zuck den ersten Liter Wasser geschmolzen zu haben. All das funktionieret fast blind und egal welche Arbeit, jeder macht es. Jeder weiß, alles ist wichtig und trägt zum Gesamten bei. Und vielleicht nur so konnten wir unser Ziel erreichen.
Wir sind am 14. nach Lager 2 gegangen, am nächsten Tag zum Pfeilerfuss. Hier haben wir uns entschlossen, weil der Wind noch recht stark sein sollte nach aktualisiertem Wetterbericht via Ralf und Sat-Phone, daß wir auf eine Taktik mit einem weiteren Biwak auf ca. Pfeilermitte setzten. Wir sollten uns richtig entschieden haben, denn in einem Zuge, wie damals Ralf und Axel Schlönvogt 1996, hätte wir es womöglich nicht geschafft. So starteten wir am 16. mit nochmals reduzierter Ausrüstung vom Pfeilerfuss auf 6800m. Am Anfang klettert man einen Art Bianco Grat, nur etwas steiler bis zu einer kleinen Felsbarriere. Wir kommen gut voran, alles simultan, heißt gleichzeitig, gesichert durch Eisschrauben oder Firnanker. Die Felsbarriere geht auch gut zu klettern und danach lehnt sich das Gelände leicht zurück, was aber heißt, hier beginnt die Spurarbeit. An diesem Tag kommen wir bis auf 7250m, wo wir unser kleines Zelt aufstellen. Mal wieder einer dieser Adlerhorste! Wir können angefangen vom Basislager über Lager 1 und 2 bis hin zum Lager 3 und Südsattel dem ganzen Treiben und Wahnsinn am Lhotse und Everest zuschauen. Wir können nach Tibet schauen und ganz Nah Everest und Lhotse. Ein Ausblick und Tiefblick den ich unersättlich geniessen könnte!
Am 17. starten wir mit der ersten Sonne, es ist trotzdem noch bitter kalt. Langsam (hier fühle ich mich wirklich heute unendlich langsam!) mogeln wir uns durch die Felseninseln immer im Schnee und Eis höher. Die letzten Meter bin ich mir nicht sicher, ob sie zum höchsten Punkt führen. Wir sehen nur die Spitze des Firngrates gegen den Himmel von unten und wissen nicht, ob sich der Grat nach hinten noch weiter fortsetzt. Ich wünsche mir so sehr, daß es der Gipfel ist. Sage mir: bitte sei nicht enttäuscht, wenn es noch weiter geht, wenn wir noch nicht ganz oben sind. Kurz bevor man alles einsehen kann, halte ich noch mal an und verschnaufe ein letztes Mal, dann die letzten Schritte zum Grat hoch und…ich lasse einen Schrei los gefüllt mit Erleichterung, Freude, Glück, Dankbarkeit, packe alles rein!
Er ist es, der Gipfel, runter herum nur Tiefe, über uns nur Himmel! Danke!
Jetzt geht es endlich nach Hause, zu Carine, die mich mal wieder so gut unterstützt hat, alles erduldet und so manche sorgenvolle Nacht ertragen musste. Danke dafür unendlich.
Danke an meine Familie und Freunde für die Unterstützung und danke an alle Leser für´s Daumen drücken! Es hat mehr als geholfen.
Und last but not least:
Danke an meine Sponsoren Lowa, The North Face und Black Diamond! Ohne deren Unterstützung dies alles nur schwer machbar wäre und auf deren Zusammenarbeit ich mich weiterhin freue!
Nun aber Schluss für heute und ab nach Hause!
Allen eine gute Zeit,
einen letzten herzlichen Gruß aus dem Basislager,
David.