Sonntag, 22 Uhr. Wir können die Stirnlampen in der Dunkelheit tief unten auf dem Gletscher sehen. Hinter den Lichtpunkten verbergen sich Ralf, Andreas, Franz und unserer Küchenmannschaft. Und der Empfang, den sie uns dann bieten ist wunderbar! Das Schönste daran ist wohl, daß ich jetzt weiß, wir sind wieder zurück vom Berg und wir sind gesund.
Wir waren nicht am Gipfel. Es fehlten dieses Mal ca 250 Hm, wir waren also in der Mitte des s.g. Flaschenhalses auf ca 8350m. Dort waren wir am Ende zu spät dran.
Wie es dazu kam? Hier von Anfang an:
Wir waren zu dritt gestartet. Gerlinde, ich und dann hatte sich uns Fabrizio Zangrilli, ein Amerikaner, noch angeschlossen.
Wir stiegen nach Lager 2 auf, den Samstag hatten wir uns als Gipfeltag ausgesucht. In Lager 2 bekamen wir via Funk von Ralf ein Wetterupdate von Karl Gabl, daß Sonntag der bessere Tag wäre. Also legten wir einen Ruhetag in Lager 2 ein. Solche Tage können ganz schön lang sein…!
Nach dem wir diesen dann hinter uns gebracht hatten ging es weiter nach Lager 3. Der Wind war immer noch das Hauptproblem. Teilweise fühlte ich mich wie Sand gestrahlt.
Glücklicher Weise war dann am Samstag, als wir zu unserem Biwakplatz auf 7850m, knapp unter der Schulter unterwegs waren, der Wind nicht mehr so stark. Dafür hatte es teilweise hüfttiefen Schnee, der mir beim spuren den ein oder anderen Fluch entweichen lies.
Abwechselnd waren Gerlinde oder ich am arbeiten und der Weg kam mir lang vor an diesem Tag. Um 18 Uhr erreichten wir unseren Biwakplatz. Fabrizio war an diesem Tag hinter uns und kam erst 2h später an. Er teilte uns mit, morgen wieder abzusteigen und nicht mehr weiter mitzukommen. Also waren wir jetzt nur noch zu zweit.
Der Gipfeltag fing gut an. Um 1 Uhr startetet wir den Kocher und waren dann um 3:30 auf dem Weg. Die Schulter war vom Wind der letzten Wochen mit hartem Schnee gesegnet. Wir mussten hier erstmal nicht spuren. Doch dann kam es Knüppel dick!
Wir entschieden uns eine mögliche Variante links des bedrohlichen Seracs über dem Flaschenhals zu nehmen.
Die Felsen sahen kletterbar aus und so stiegen wir erst eine steile Schneeflanke hoch um unterhalb des Felsbandes zu gelangen. Der Schnee war hier wieder sehr tief und anstrengend zu spuren. Mühsam kämpften wir uns Meter für Meter hoch. Das gute war, wir hatten keine Guillotine in Form von Hochhäusern aus Eis über unseren Köpfen.
Doch wir sollten bitter enttäuscht werden von der gewünschten Kletterbarkeit der Felsmauer. Am Fuße angekommen wurde diese nämlich immer steiler und es war gar nicht mehr denkbar mit unserer Minimal Ausrüstung hier höher zu kommen.
Was nun?
Wir entschieden uns einen weiteren Versuch näher am Flaschenhals zu wagen. Erst Gerlinde dann ich führten in heikler Kletterei über schneebedeckte Felsplatten Seillänge um Seillänge erst nach rechts und dann höher. Doch auch hier stießen wir abermals an eine senkrechte Felsstufe. Verführerisch hing hier ein Fixseil, doch diesen alten Stricken darf man nicht trauen.
Zuviel sprach gegen uns. Die Zeit, das Risiko an einem kaputten Seil sein Leben zu testen und die Kraft, die wir an den Tagen davor und vor allem an diesem Tag schon verloren hatten. All diese Faktoren trugen zu der Entscheidung bei hier umzudrehen. Mir fiel es diesmal schwer. So stark hatte ich daran geglaubt, so sicher war ich mir, an diesem Tag bis zum Gipfel zu kommen. Vielleicht zu sicher? Wie auch immer. Jetzt bin ich mir sicher, wir haben richtig entschieden. Und als wir am selben Tag unten zurück im Basislager waren, wird mir bewusst, welch schönen Stil wir verwirklicht haben und wie weit wir zu zweit gekommen sind. Wir hatten immer das Gefühl quasi alleine am Berg unterwegs gewesen zu sein. Und das am Berg der Berge!
Und nicht zu letzt bin ich so sehr glücklich, daß wir beide gesund wieder unten sind.
Jetzt freu ich mich auf daheim. Es war insgesamt eine lange Zeit, erst die Expedition zum Lhotse und dann der K2. Einmal mit Gipfel und einmal ohne. Trotzdem war die Zeit hier am K2 unvergesslich und die Tage zusammen mit Gerlinde unterwegs auf der Cesen Route geprägt durch Abenteuer und Intensität, wie ich sie selten erlebt habe.
Ganz herzlich möchte ich mich bei meinen Sponsoren The North Face, Black Diamond und Scarpa an dieser Stelle bedanken.
Und dann bei meiner Freundin und meiner Familie. Ich kann nur erahnen wie schwer es teilweise ist meine Momente am Berg aus der Entfernung miterleben zu müssen. Danke für diese Mühen und die viele Geduld!
Zu letzt ein ganz großes Dankeschön an alle Leser meines Newsletters! Ich freue mich riesig über das Interesse und all die Mails. Ich wünsche allen eine schöne 2.Hälfte des Sommers.
Ganz liebe Grüße ein letztes Mal aus dem Basislager unterhalb des K2!
David.